Datengetriebene Geschäftsmodelle
Mit digitalen Prozessen zu Schweizer Shrimps
Datengetriebene Geschäftsmodelle
Mit digitalen Prozessen zu Schweizer Shrimps
Das Start-up Swiss Shrimp in Rheinfelden hat sämtliche seiner Prozesse digitalisiert. Was die Herausforderungen bei diesem Projekt waren und welche Vorteile sich daraus für das Unternehmen ergeben, sagt Projektleiter Andreas Ammann im Interview.
Von Markus Back (Text) und Susanne Seiler (Fotos)
Bei Swiss Shrimp sind alle Prozesse digital unterstützt, wodurch eine enge Verzahnung von Nachfrage, Produktion und Logistik erreicht wird. Wie sieht die typische Vorgehensweise zu Beginn eines solchen Projekts aus?
Zu Projektbeginn gab es keine definierten Prozesse, da es in der Schweiz bislang nichts Vergleichbares gab. Mit unserem Wissen im Bereich Lebensmittelproduktion wurde jedoch ein Vorprojekt erstellt und die Anforderungen für die Prozesse definiert. Das war sehr hilfreich und der Ausgangspunkt für das Projekt. Anhand der Anforderungen wurden dann die Prozesse zusammen mit der Fachhochschule Nordwestschweiz aufgezeichnet und laufend angepasst, bis die Projektverantwortlichen mit dem Ablauf zufrieden waren.
Was waren die Herausforderungen bei Swiss Shrimp?
Von der Larve bis zum versandbereiten Produkt sind es viele einzelne Prozessschritte, welche in der Vorwärtslogistik berücksichtigt werden mussten, wie beispielsweise die Bestimmung des Tagesbedarfs, der Schalen und Versandgebinde, die Etikettierung der Schalen und die Rückmeldung für den Versand.
Auch die Vertriebswege waren herausfordernd, da Swiss Shrimp von Anfang an neben Grosshändlern auch Gastronomen und Privatkunden, beliefern wollte. Es bedurfte daher eines integrierten Webshops und eines standardisierten Datenaustauschs via EDI.
Inwieweit war die Vorgehensweise in diesem Projekt standardisiert beziehungsweise inwieweit lässt sich diese ohne weiteres auf andere Projekte adaptieren?
Damit ein solches Projekt gelingt, müssen Arbeitspakete für alle Bereiche, wie zum Beispiel Produktion, Beschaffung, Verkauf, Logistik, Webshop oder Finanzen, erstellt und auf mehrere verantwortliche Teil-Projektleiter verteilt werden. Die Gesamt-Projektleitung und der Lenkungsausschuss müssen periodisch die gesetzten Ziele und den Projektfortschritt kontrollieren und falls erforderlich eingreifen, damit ein solches Projekt erfolgreich umgesetzt werden kann. Mit unserer standardisierten Projekt-Methode, die auch für andere Projekte verwendet werden kann, konnten wir dieses Ziel erreichen.
Der durchgängige Informationsfluss bei Swiss Shrimp gestattet es, Prozesse zu vereinfachen und zu automatisieren. Können Sie dies an konkreten Beispielen erklären?
Da gibt es verschiedene Prozesse, welche Dank dem vollintegrierten ERP vereinfacht beziehungsweise automatisiert werden konnten.
Beispiel Chargenrückmeldung: Die Mengenrückmeldung aus der Ernte wurde über ein in der Praxis bewährtes Wareneingangsmodul gemacht, das beispielsweise erkennt, wenn sich die Eigenschaft einer Charge ändert und dann automatisch eine neue Chargennummer generiert. Das vermeidet Fehler durch falsche Handhabung.
Beispiel Etikettierung: Das Waagen-System verwaltet verschiedene Etiketten-Layouts, so dass für jedes Kundensegment auf Knopfdruck die richtige Schalenetikette gedruckt werden kann.
Beispiel Kommissionierung: Die Rückmeldung der Schalen ist so optimiert, dass alle relevanten Informationen über einen QR-Code gescannt und auf den Kundenauftrag zurückgemeldet werden. Dadurch kann sich die Logistik auf die Gebindezuteilung fokussieren und anhand von generierten Dispositionslisten alle Aufträge speditiv abarbeiten.
Beispiel Kreditkartenzahlungen: Kreditkartenzahlungen über den Webshop werden bei der Übernahme der Rechnung in die Buchhaltung automatisch dort verbucht und der Rechnungsbetrag ausgeglichen, ohne dass die Finanzbuchhaltung manuell eingreifen muss.
Welche digitalen Prozesse laufen ab, wenn 1 kg Shrimps per E-Mail bestellt wird?
Die E-Mail wird über den Webshop ins ERP-System eingespielt und verarbeitet. Im Shop wird der Versandweg und der Liefer- beziehungsweise Abholtermin über den Checkout-Prozess bestimmt und für die Lieferung freigegeben. Selbst die Verrechnungsart wird anhand von hinterlegten Eigenschaften auf dem Kundensegment vorgeschlagen. Danach wird der Auftrag digital über die Vorwärtslogistik abgewickelt, ohne dass ein Sachbearbeiter oder Sachbearbeiterin eingreifen muss. Am Schluss wird die Rechnung erstellt, per E-Mail versendet und in der Buchhaltung verbucht. Durch das vollintegrierte ERP-System gibt es keine Datenredundanz und keine Schnittstellen. Der Auftrag wird einmal erfasst und in der Folge durch die einzelnen Prozessschritte geführt.
Bei Swiss Shrimp besteht die Möglichkeit, per Fax zu bestellen. Welchen Weg nehmen die Bits und Bytes dann im digitalen Prozess?
Bei einer Fax-Bestellung wird der Auftrag gleich wie bei einer E-Mail-Bestellung über den Webshop erfasst. Interessant sind Bestellungen via EDI. Diese werden über standardisierte Schnittstellen elektronisch angeliefert, weshalb diese Aufträge nicht manuell erfasst werden müssen. Bei dieser Bestellform werden auch die Mengen elektronisch zurückgemeldet und verrechnet.
Es kann immer Unvorhergesehenes passieren, beispielsweise dass ein erntereifes Becken — aus welchen Gründen auch immer — verunreinigt ist und Bestellungen daher nicht ausgeliefert werden können. Inwieweit lassen sich solche unvorhersehbaren Vorfälle in einer Prozesskette berücksichtigen?
Wenn es rechtzeitig bemerkt wird, ist das gut zu bewältigen, da die Bestellungen noch nicht ausgeliefert sind. Im anderen Fall erfolgt ein Rückruf der Charge. Da beim Wareneingang die Chargennummer automatisch generiert und auf den Kundenauftrag zurückgemeldet wird, lassen sich diese jederzeit zurückverfolgen. Mit dieser Information ist ein systemunterstützter Rückruf problemlos möglich.
Swiss Shrimp hat die Gebindeverwaltung mit ins System integriert. Was war die Herausforderung bei der Einbindung der Versandbehälter ins ERP-System?
Eigentlich keine, weil das eine Standardfunktion ist. Wichtig in diesem Prozess ist, dass dieser beim Kommissionieren sowie bei der Rücknahme über die Barcode-Verarbeitung unterstützt wird. Das bedeutet beispielsweise für die Rücknahme, dass die Rücksendeetikette für das Gebinde bereits alle relevanten Informationen als QR-Code enthält, so dass die Logistik nur noch den QR-Code scannen muss. Alle weiteren Schritte werden dann vom ERP-System erledigt.
Wie zukunftsfähig ist Ihre Lösung und wie aufwendig ist es, nachträglich Funktionen zu integrieren?
Tosca ist ein sehr ausgereiftes ERP-System mit vielen Standardfunktionen und Standardprozessen, die im Bedarfsfall individuell angepasst werden können, ohne dass die Releasefähigkeit verloren geht. Das Aufschalten weiterer Standardmodule und Standardfunktionen ist nicht aufwendig, sofern der Prozess klar definiert ist. Das ist die Grundvoraussetzung, damit der Prozess nach der Einführung auch so funktioniert, wie gewünscht. Dort wo es sinnvoll ist, stehen die Prozesse übrigens jederzeit auch mobil zur Verfügung, beispielsweise im Vertrieb, in der Logistik und im Service.
Impressum
Autor: Markus Back, Chefredaktor Print
Bildquelle: Susanne Seiler
Publiziert von Technik und Wissen
Informationen
dynasoft AG
www.dynasoft.ch
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