Datengetriebene Geschäftsmodelle
Mut zur raschen Pilotierung
Datengetriebene Geschäftsmodelle
Mut zur raschen Pilotierung
Datengetriebene Geschäftsmodelle können ein Mittel zur Kundenbindung sein. Das haben auch viele Automatisierer erkannt und ihr Portfolio um entsprechende Lösungen zu deren Entwicklung erweitert. TuW sprach hierzu mit vier Branchenexperten.
Von Markus Back, Chefredaktor Print
Welche datengetriebenen Geschäftsmodelle bietet Ihr Unternehmen an?
Nikolaus Krüger, Endress+Hauser: Wir bieten digitale Services auf Basis unseres Netilion-Ökosystems für das industrielle Internet der Dinge an. Zudem führen wir Komponenten, die für Konnektivität auf industriellen Anlagen sorgen, etwa über Adapter oder Edge Devices, die einen zweiten – sicheren – Kanal für Daten aus den Messgeräten und aus dem Prozess eröffnen.
Dann gibt es den Cloud-basierten Netilion-Hub, in dem diese Daten gesammelt und verarbeitet werden können. Mit unseren Netilion-Apps bieten wir digitale Services an, die dabei helfen, die auf einer Anlage installierten Instrumente und Komponenten zu erfassen und zu katalogisieren oder die durch Geräte-Zustandsmeldungen und Hinweise zur Fehlerbehebung das Instandhaltungspersonal unterstützen.
Schliesslich bieten wir unter dem Titel Netilion Smart Systems Komplettpakete an, die Sensorik und Software umfassen. Zum Beispiel kann ein Fischzüchter damit vom Smartphone aus die Wasserqualität seiner Aquakultur überwachen.
Sebastian Seitz, Eplan Software Service: An erster Stelle steht hier das Eplan Data Portal. Es handelt sich um einen Datenmarktplatz für Gerätedaten im Industrial Automation Engineering. Das «Data Portal Report Center» bietet zudem Analysen der Downloads, bei dem Hersteller wertvolle Informationen erhalten. Im Rahmen von Eplan ePulse, unserer Cloud-Plattform, entwickeln wir kontinuierlich neue Modelle, die sich derzeit im Aufbau befinden.
Andreas Rau, Phoenix Contact: Als datengetriebenes Geschäftsmodell bieten wir beispielsweise digitale Produktdaten und Konfiguratoren mit der Software Project complete an oder PLCnext Technology als offenes Ecosystem mit Apps für die industrielle Automation. Um für unsere Kunden Mehrwerte in ihrer Anwendung im Zusammenspiel mit unseren Produkten zu generieren und unser Geräte- und Applikations-Know-how breiter verfügbar zu machen, haben wir die Phoenix Contact Smart Business gegründet. Diese Tochtergesellschaft bündelt alle Aktivitäten rund um Cloud-Technologie und Data Analytics sowie Software Services. Zudem bieten wir einen Marktplatz für 3D Druck an, bei dem Nutzer 3D-Modelle hochladen und konfigurieren können.
Petra Monn, Siemens Schweiz AG: Unzählige, vor allem zahlreiche «Software-as-a-Service»-Modelle. So zum Beispiel die Simatic Software Plattform oder unsere PLM-Systeme, wie Teamcenter, in der Cloud.
Mit welchen Lösungen unterstützen Sie Ihre Kunden bei der Entwicklung datengetriebener Geschäftsmodelle?
Nikolaus Krüger, Endress+Hauser: Neben den Möglichkeiten unserer Netilion IIoT Plattform, die schnell und einfach zu nutzen sind, bringen wir für kundenspezifische Lösungen hier unter anderem unsere langjährige Erfahrung in der ERP-Integration sowie unser tiefes Anwendungswissen ein.
Schon lange machen wir Messwerte und Geräteinformationen zum Beispiel in den SAP-Systemen unserer Kunden verfügbar. Die heutige Konnektivität unserer Messtechnik und die jetzt verfügbaren Cloud-Lösungen bieten hier neue Perspektiven. Dazu entwickeln wir immer wieder anwendungsbezogene Lösungen.
Ein spannendes Projekt läuft bei einem Kunden aus der Lebensmittelindustrie. Dort möchten wir mit Hilfe mehrerer Messgrössen sowie Signalen aus verschiedenen Messgeräten die finale Qualität eines Käseprodukts abschätzen und so ein Stück weit die Qualitätskontrolle durch den Menschen ergänzen.
Sebastian Seitz, Eplan Software Service: Wie bereits erwähnt, ist Eplan ePulse unsere Antwort auf datengetriebene Geschäftsmodelle. In der Cloud bauen wir hier ein digitales Ökosystem in der Industrieautomation, ausgehend vom Engineering, auf.
Andreas Rau, Phoenix Contact: Phoenix Contact vertreibt beispielsweise eigene Apps auf dem PLCnext Store und bietet einen Online-Vertrieb von 3D-Druck-Teilen über unseren Protiq-Marktplatz.
Petra Monn, Siemens Schweiz AG: Wir bieten von Technologie, wie MindSphere und Mendix, verbunden mit unseren Steuerungen bis zu Services, beispielsweise der Erstellung von AI-Algorithmen, alles an.
Welchen persönlichen Rat geben Sie Unternehmen, die in diesem Bereich aktiv werden wollen?
Nikolaus Krüger, Endress+Hauser: Wenn die Entscheidung gefallen ist, den Schritt in ein datengetriebenes Geschäftsmodell zu wagen, sollten Unternehmen den Mut haben, rasch zu pilotieren. Die Lösungen müssen mit agilen Methoden in der Praxis entwickelt werden. Nur so ist die Lernkurve steil genug, um das Geschäftsmodell zum Erfolg zu führen!
Sebastian Seitz, Eplan Software Service: Das Top-Management sollte Treiber der Entwicklung sein. Eine positive Fehlerkultur ist eine gute Hilfe, damit wirklich mutige Ansätze gedacht und umgesetzt werden können.
Andreas Rau, Phoenix Contact: Sprechen Sie uns mit Ihren Ideen an. Es gibt nicht den einen Rat, der für alles passend ist.
Petra Monn, Siemens Schweiz AG: Probieren geht über Studieren. Wenn der Schmerzpunkt erreicht ist und die für dessen Linderung passenden Daten identifiziert sind, einfach loslegen. Je eher, desto besser!
Ab wann sollte allerspätestens der ROI erzielt sein?
Nikolaus Krüger, Endress+Hauser: Natürlich braucht es KPI, und die Fortschritte müssen transparent und messbar sein – aber eine allgemeingültige Antwort auf diese Frage lässt sich nicht geben. Oft sind die neuen digitalen Geschäftsmodelle ja kein völlig neues Angebot, sondern bieten einen neuen Lösungsweg oder zusätzliche Möglichkeiten. Dazu kommt: Die datenbasierten Geschäftsmodelle sind für Anbieter und Kunden gleichermassen neu. Beide Seiten müssen sich mit den Möglichkeiten, Chancen und Risiken vertraut machen. Die Dynamik ist so hoch, dass es sich eigentlich niemand leisten kann, alles nur von aussen zu betrachten!
Sebastian Seitz, Eplan Software Service: Digitale, datenbasierte Geschäftsmodelle über den ROI zu bewerten, führt nach meiner Erfahrung nicht weit. Agilität in Vorgehensweise und Beurteilung ist aus meiner Sicht der bessere Weg. Schliesslich rechnet sich der Weg zu einem Modell auch als Basis für eine weitere Entwicklung – ist also inkrementell zu bewerten. McKinsey hat gerade für das Weltwirtschaftsforum Leuchtturmprojekte für Industrie 4.0 ausgewählt und während dieser Studie zeigte sich, dass ein Grossteil der Pilotprojekte in der Produktion nach ein bis zwei Jahren ins Stocken gerät. Es scheint ein Trend zu sein, dass circa nach zwei Jahren eine Entscheidung fällt – für oder gegen das neue Geschäftsmodell.
Andreas Rau, Phoenix Contact: Dies hängt massgeblich von der strategischen Stossrichtung ab und lässt sich pauschal schwer beantworten. Wichtig ist, von Anfang an, die Skalierbarkeit im Auge zu behalten.
Petra Monn, Siemens Schweiz AG: Das lässt sich nicht generalisieren, aber aus unserer Erfahrung ist bei einfachen, datengetriebenen Modellen ein Break-Even spätestens nach einem Jahr realistisch. Müssen im Rahmen eines solchen Projektes jedoch millionenschwere Investments angegangen werden, dauert es natürlich länger.
Welchen persönlichen Rat geben Sie Unternehmen, die in diesem Bereich aktiv werden wollen?
Nikolaus Krüger, Endress+Hauser: Wenn die Entscheidung gefallen ist, den Schritt in ein datengetriebenes Geschäftsmodell zu wagen, sollten Unternehmen den Mut haben, rasch zu pilotieren. Die Lösungen müssen mit agilen Methoden in der Praxis entwickelt werden. Nur so ist die Lernkurve steil genug, um das Geschäftsmodell zum Erfolg zu führen!
Sebastian Seitz, Eplan Software Service: Das Top-Management sollte Treiber der Entwicklung sein. Eine positive Fehlerkultur ist eine gute Hilfe, damit wirklich mutige Ansätze gedacht und umgesetzt werden können.
Andreas Rau, Phoenix Contact: Sprechen Sie uns mit Ihren Ideen an. Es gibt nicht den einen Rat, der für alles passend ist.
Petra Monn, Siemens Schweiz AG: Probieren geht über Studieren. Wenn der Schmerzpunkt erreicht ist und die für dessen Linderung passenden Daten identifiziert sind, einfach loslegen. Je eher, desto besser!
Ab wann sollte allerspätestens der ROI erzielt sein?
Nikolaus Krüger, Endress+Hauser: Natürlich braucht es KPI, und die Fortschritte müssen transparent und messbar sein – aber eine allgemeingültige Antwort auf diese Frage lässt sich nicht geben. Oft sind die neuen digitalen Geschäftsmodelle ja kein völlig neues Angebot, sondern bieten einen neuen Lösungsweg oder zusätzliche Möglichkeiten. Dazu kommt: Die datenbasierten Geschäftsmodelle sind für Anbieter und Kunden gleichermassen neu. Beide Seiten müssen sich mit den Möglichkeiten, Chancen und Risiken vertraut machen. Die Dynamik ist so hoch, dass es sich eigentlich niemand leisten kann, alles nur von aussen zu betrachten!
Sebastian Seitz, Eplan Software Service: Digitale, datenbasierte Geschäftsmodelle über den ROI zu bewerten, führt nach meiner Erfahrung nicht weit. Agilität in Vorgehensweise und Beurteilung ist aus meiner Sicht der bessere Weg. Schliesslich rechnet sich der Weg zu einem Modell auch als Basis für eine weitere Entwicklung – ist also inkrementell zu bewerten. McKinsey hat gerade für das Weltwirtschaftsforum Leuchtturmprojekte für Industrie 4.0 ausgewählt und während dieser Studie zeigte sich, dass ein Grossteil der Pilotprojekte in der Produktion nach ein bis zwei Jahren ins Stocken gerät. Es scheint ein Trend zu sein, dass circa nach zwei Jahren eine Entscheidung fällt – für oder gegen das neue Geschäftsmodell.
Andreas Rau, Phoenix Contact: Dies hängt massgeblich von der strategischen Stossrichtung ab und lässt sich pauschal schwer beantworten. Wichtig ist, von Anfang an, die Skalierbarkeit im Auge zu behalten.
Petra Monn, Siemens Schweiz AG: Das lässt sich nicht generalisieren, aber aus unserer Erfahrung ist bei einfachen, datengetriebenen Modellen ein Break-Even spätestens nach einem Jahr realistisch. Müssen im Rahmen eines solchen Projektes jedoch millionenschwere Investments angegangen werden, dauert es natürlich länger.
Printausgabe #006 mit Schwerpunkt
«Datengetriebene Geschäftsmodelle»
Mit der fortschreitenden Digitalisierung rücken datengetriebene Geschäftsmodelle in den Fokus vieler Unternehmen. Doch auf was ist bei deren Entwicklung zu achten und welche typischen Stolpersteine gilt es dabei zu umgehen? Erfahren Sie mehr dazu in der aktuellen Ausgabe von Technik und Wissen. Sie haben noch kein Abonnement? Hier bekommen Sie es. |
Impressum
Autor: Markus Back, Chefredaktor «Technik und Wissen» Print
Bildquelle: Porträtfotos von den Firmen z.V.g. / Hintergrundbilder: Siemens
Publiziert von Technik und Wissen
Informationen
Endress+Hauser
www.endress.com
EPLAN Software & Service AG
www.eplan.ch
Phoenix Contact AG
www.phoenixcontact.com
Siemens Schweiz AG
www.siemens.ch
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