In 3D modelliertes Beispiel einer Strecke für den Materialtransport mit zwei Roboterarmen
In 3D modelliertes Beispiel einer Strecke für den Materialtransport mit zwei Roboterarmen

Software ist bereits heute das Kernelement im Maschinen- und Anlagenbau. «Zukünftig wird in der Produktion immer mehr ‚Software Defined Functionality‘ zu finden sein – also Funktionen, die auf SPSen oder anderen Industriesteuerungen, Edge Devices und in der Cloud laufen, Maschinenabläufe definieren und kontinuierlich mit neuen Bausteinen erweitert werden. Die Umsetzung ganzer ‚Software Defined Factories‘ rückt damit in greifbare Nähe», erklärt Philipp Wallner, Industry Manager Industrial Automation & Machinery bei Mathworks.


Autor: Philipp Wallner, Industry Manager Industrial Automation & Machinery bei Mathworks


Durch den zunehmenden Codeumfang steigen sowohl die Komplexität als auch die Anforderungen an die Softwarequalität rapide an. Mathworks zeigt auf der SPS, wie Entwickler Model-Based Design mit Matlab und Simulink nutzen, um Software Defined Functionality mithilfe von Modellen und Apps zu entwickeln, umfassend in der Simulation zu testen und mittels Codegenerierung auf Industriesteuerungen, Edge-Geräten und Cloudplattformen gängiger Hersteller zu bringen. Im Vordergrund stehen dabei Anwendungen rund um die Künstliche Intelligenz (Industrial AI), Virtuelle Inbetriebnahme, Robotik und Visual Inspection, die die Experten von Mathworks auf der Messe vorstellen werden. Mithilfe der modellbasierten Entwicklung und der einhergehenden Automatisierung hilft Mathworks Unternehmen, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Virtuelle Inbetriebnahme für die Qualitätssicherung von Industriesoftware

Die Fabrik der Zukunft wird zweimal gebaut – einmal virtuell im „Industrial Metaverse“ und einmal physikalisch. Damit kann die zunehmend komplexere Software Defined Functionality bereits zu einem frühen Zeitpunkt getestet und sukzessive um neue Funktionalitäten erweitert werden. «Die mechatronischen Komponenten der Anlage werden dabei in Form von physikalisch korrekt ausführbaren Simulationsmodellen modelliert und in 3D Ansicht dargestellt», so Norbert Ulshöfer, Manager Application Engineering bei Mathworks. Die Basis dafür stellen die CAD-Zeichnungen aus der mechanischen Konstruktion dar, die in Simulationsumgebungen wie Simulink und Simscape von Mathworks importiert werden können. Damit kann die Maschinensoftware bereits zu einem Zeitpunkt mittels Virtueller Inbetriebnahme verifiziert werden, an dem die Anlage noch gar nicht aufgebaut wurde. Die automatisierte Generierung von C/C++ oder IEC 61131-3 Code aus den Simulationsmodellen, die seit Jahren für alle gängigen Industriesteuerungs- und Edge-Plattformen verfügbar ist und in enger Zusammenarbeit mit den entsprechenden Hardwareherstellern ständig weiterentwickelt wird, schliesst Programmierfehler aus und verkürzt die Entwicklungszeit zusätzlich. So können sich die Ingenieure aus dem Maschinenbau ganz auf den Entwurf neuer Funktionen konzentrieren und diese auf agile Weise für die Maschinen und Anlagen umsetzen.

Industrial AI auf Industriesteuerungen und Edge-Geräten

KI-basierte Funktionen – zum Beispiel für die Vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance), die Anomalie-Erkennung oder die Visuelle Inspektion – finden zunehmend Einzug in den Maschinen- und Anlagenbau. Dafür ist es nicht nur notwendig, die entsprechenden Modelle mithilfe unterschiedlicher Methoden für Machine Learning oder Deep Learning und auf Basis von an der Anlage gemessenen Daten zu trainieren. Mindestens ebenso wichtig ist die Validierung der Modelle durch die Maschinenbauexperten und die anschliessende Implementierung der Funktionalität auf Embedded, Edge oder Cloud-Plattformen. So wird zum einen sichergestellt, dass das über viele Jahre aufgebaute Domänenwissen in die KI-basierte Maschinensoftware einfliesst, und zum anderen, dass diese 24/7 im industriellen Einsatz verwendet werden kann. Dr. Rainer Mümmler, Principal Application Engineer bei Mathworks erläutert dies auf der SPS in seinem Vortrag «Fehlerklassifizierung an Industrieanlagen auf Siemens Edge-Geräten» und zeigt einen Workflow zur Verbesserung der Fehlerklassifizierung bei Predictive Maintenance Anwendungen in Industrieanlagen auf.

Zusätzliche Funktionalität für Automatisierungskomponenten

Nicht nur Maschinen und ganze Produktionsanlagen profitieren vom zunehmenden Anteil an Softwarefunktionen. Auch Komponenten für die Automatisierung, wie elektrische Antriebe und Industrieroboter sind mehr und mehr «software defined». Neue Funktionalität, zum Beispiel für verbesserte Antriebsregler oder optimierte Bewegungstrajektorien, wird in Simulink entwickelt und auf Echtzeithardware der Firma Speedgoat getestet. Dadurch sind kürzere Designzyklen und innovativere Funktionen möglich.

Model-Based Design als Wegbereiter für Software Defined Factories

Modellbasierte Entwicklung oder Model-Based Design ist der Schlüssel für die oben beschriebenen Methoden für die Virtuelle Inbetriebnahme von Maschinen und Anlagen, für die automatisierte Erstellung und Verifikation von Steuerungscode sowie für die Entwicklung von KI-Funktionen für den industriellen Einsatz. Damit ebnet sie den Weg für die Software Defined Factory der Zukunft.

Am Mathworks-Stand – Halle 6, Stand 215 – erhalten Sie Einblicke zum Einsatz von Matlab und Simulink anhand folgender Demos:

Virtuelle Montagelinie

Virtuelle Inbetriebnahme ist das Testen, Verifizieren und Validieren von Steuerungssystemen für die Automatisierung mithilfe eines digitalen Modells der Anlage und der Automatisierungstechnik. In der Desktop- und Hardware-in-the-Loop-Simulation kann die Interaktion zwischen elektromechanischen Komponenten, dem Steuerungssystem und dem Prozess in verschiedenen Szenarien getestet werden, bevor die Software in der Produktion eingesetzt wird.

Die Demo zeigt eine virtuelle Montagelinie, die durch den Import von CAD-Dateien erstellt wurde. Sie kombiniert ein wichtiges Update von Simulink 3D Animation, das eine API zur Unreal Engine von EPIC Games für Virtual-Reality-Simulationen bietet, mit anderen Mathworks-Lösungen für die Robotik, die Modellierung von Zustandsautomaten und die Bildverarbeitung.

KI-gestützte Visuelle Inspektion auf SPSen

Diese Demo zeigt einen umfassenden Workflow für die Entwicklung und den Einsatz von KI-Algorithmen für die automatische Visuelle Inspektion auf speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS). Zu den wichtigsten Schritten des Workflows gehören der Entwurf und das Training eines robusten Deep-Learning-Algorithmus mit der Deep Learning Toolbox. Das trainierte Modell wird dann auf einer Beckhoff-SPS mittels C-Code-Generierung implementiert. Dabei wird sichergestellt, dass der Quellcode bibliotheksfrei und adaptierbar ist. Zur Verbesserung der Leistung werden Techniken wie Pruning und Quantisierung angewendet, um die Grösse des Modells zu reduzieren und die Inferenzgeschwindigkeit zu verbessern. Damit veranschaulicht die Demo-Anwendung den gesamten Prozess vom Modell-Design bis zur Hardware-Implementierung und unterstreicht die zentrale Rolle von Matlab bei der Entwicklung praktischer KI-Lösungen.

Fehlerklassifizierung auf Edge-Geräten

Diese Demo zeigt ein Predictive Maintenance (PdM)-Framework für Siemens-SPSen und Edge-Geräte, das die intelligente Fertigung im Kontext von Industrie 4.0 voranbringt. Zunächst werden Fehler in einem physikbasierten Modell simuliert, um umfassende Datensätze zu Fehlerfällen zu erstellen. Anschließend erfolgen die Datenvorverarbeitung und Merkmalsextraktion. Daraus wird ein Machine-Learning-Modell zur Fehlerklassifizierung entwickelt, das auf die Anforderungen des Edge Computing zugeschnitten ist. Die Anwendung demonstriert zudem die Integration mit Siemens-Automatisierungshardware, die einen effizienten Einsatz von PdM-Modellen für die Echtzeitüberwachung und eine schnelle Problemlösung gewährleistet und so Ausfallzeiten minimiert.

Modellbasierter Entwurf für die Produktion

Modelle und Simulationen sind entscheidend, um Einblicke in das Systemverhalten zu erhalten, verschiedene Design-Optionen zu untersuchen und die Leistung von Produktionsanlagen in verschiedenen Anwendungsszenarien zu testen. Diese Demo zeigt den Einsatz von SimEvents in Matlab zur Modellierung und Simulation der Auftragsplanung und Ressourcenschätzung in einer Produktionsanlage. Damit lassen sich Produktionsprozesse durch effiziente Ressourcenzuweisung und Aufgabenplanung optimieren, um Verzögerungen zu minimieren und den Durchsatz zu maximieren. Die Anwendung bietet Einblicke in die Dynamik von Fertigungssystemen und ermöglicht eine bessere Entscheidungsfindung und betriebliche Effizienz.

Prototyping von Bewegungssteuerungen

Die Demo zeigt einen 6-DoF-Roboterarm, der sich bewegt und dabei ein Logo hält. Sie veranschaulicht, wie Simulink, Stateflow und Simulink Real-Time für das Rapid Prototyping der Bewegungssteuerung von Robotern eingesetzt werden können. Die Regelung des Roboters läuft auf einem Prototyping-Testsystem von Speedgoat, das über EtherCAT angebunden ist. Die Art der Bewegung und die Geschwindigkeit lassen sich über eine in Simulink bzw. in MATLAB implementierte Benutzeroberfläche steuern.

SPS-Tests mit digitalen Zwillingen

Echtzeit-Simulationen mit Digitalen Zwillingen lassen sich für Tests und die virtuelle Inbetriebnahme von SPSen einsetzen. Die Demo veranschaulicht, wie ein Digitaler Zwilling eines Roboters erstellt, auf einem Testsystem von Speedgoat implementiert und über EtherCAT mit einer Beckhoff-SPS verbunden wird.

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Vortrag an der SPS

Auf dem VDMA Forum der SPS hält Dr. Rainer Mümmler, Principal Application Engineer bei Mathworks, einen praxisnahen Vortrag zum Thema KI in der Produktion:

  • Dienstag, 12. November 2024 | 10:35 – 10:55 Uhr | Halle 3, Technical Stage Forum
    Dauer: 20 Minuten | Sprache: Englisch

Titel: Fehlerklassifizierung an Industrieanlagen auf Siemens Edge-Geräten:
Die Integration von Predictive Maintenance auf Edge-Geräten ist ein wichtiger Schritt für Smart Manufacturing. Ein Workflow zur Verbesserung der Fehlerklassifizierung auf Edge-Geräten in Industrieanlagen wird beschrieben.

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