Wer steckt hinter der Bezeichnung «Schweizer Maschinenindustrie» und vor welchen Herausforderungen steht die Branche? Ein Gespräch mit Stefan Brupbacher, Direktor des Verbands Swissmem.
Autor: Eugen Albisser
Herr Stefan Brupbacher, Swissmem ist der Verband der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM-Industrie). In unserem Schwerpunkt in der Ausgabe 016 steht der «Schweizer Maschinenbau» im Fokus. Können wir da kurz eine Definition wagen? Denn das erste «M» in Swissmem steht für die Maschinenindustrie, wo der Maschinenbau angesiedelt ist. Wie definiert der Verband den Begriff «Maschinenindustrie»?
Die Maschinenindustrie besteht aus Unternehmen, die fertige Maschinen, Baugruppen von Maschinen oder einzelne Teile herstellen, welche in Maschinen zum Einsatz kommen. Ebenso fallen Firmen, die Anlagen für Chemie, Pharma und die Lebensmittelindustrie herstellen, in diese Kategorie. Weiter rechnen wir auch Unternehmen dazu, welche Dienstleistungen hauptsächlich für Firmen in diesem Bereich anbieten.
Abgrenzung von Maschinenindustrie und Maschinenbau
Der Maschinenbau ist, wie zuvor erwähnt, ein Teil dieser Maschinenindustrie. Gibt es bei Swissmem eine Definition, welche Firmen innerhalb der Maschinenindustrie auch zum «Maschinenbau» gehören?
Es gibt da keine scharfe Trennung, zumal die Grenze oft durch die Unternehmen selbst verläuft. Es gibt Firmen, die Maschinenbau betreiben und gleichzeitig andere Industrieprodukte herstellen.
Wie viele Firmen im Bereich Maschinenindustrie sind Mitglieder bei Swissmem?
Von den über 1250 Mitgliedern bei Swissmem gehören mehrere hundert Firmen zum Bereich Maschinenindustrie. Viele dieser Firmen sind in ihren Nischen Weltmarktführer.
Wie unterteilt Swissmem diese Maschinenindustrie?
Bedeutende Bereiche im Maschinenbau sind Werkzeugmaschinen, Textil-, Kunststoff-, Verpackungs- und Verbrennungsmaschinen, der verfahrenstechnische Maschinen- und Apparatebau sowie auch alle Tätigkeiten zugunsten der Schweizer Sicherheitstechnik, Luft- und Raumfahrt. Für alle diese Bereiche betreibt Swissmem einen eigenen Industriesektor und bietet massgeschneiderte Dienstleistungen.
Herausforderungen für die Schweizer Maschinenindustrie
Welche grossen Herausforderungen sehen Sie für diese Schweizer Maschinenindustrie?
Es gilt in den nächsten Jahren, das Potenzial der Digitalisierung voll auszuschöpfen, das Reservoir an Fachkräften auf allen Stufen zu füllen, die Innovationskraft zu stärken und die möglichst hindernisfreien Zugänge sowohl zum europäischen Binnenmarkt wie auch zu den Weltmärkten sicherzustellen. Der Handelskonflikt zwischen den USA, Europa und China, der Rechtsimperialismus sowie der Protektionismus aller drei Machtblöcke durch extraterritorial geltende Normen erschwert den Export für unsere Firmen enorm. Und schliesslich ist der schwache Euro eine dauernde Herausforderung für den stark exportorientierten Maschinenbau. Swissmem unterstützt ihre Mitgliedsfirmen in all diesen Themen.
Gibt es Herausforderungen für die Schweizer Maschinenindustrie, die sich unterscheiden von anderen Branchen, die der Verband auch betreut? Also sozusagen spezifische Herausforderungen der Maschinenindustrie?
Auf Unternehmensstufe bestehen sicherlich unterschiedliche Herausforderungen. Global gesehen, betreffen die vorhin erwähnten Herausforderungen aber die gesamte Industrie.
Wie sieht es aus mit den politischen Massnahmen, um der Schweizer Maschinenindustrie gute Rahmenbedingungen zu gewähren? Welche stehen da im Fokus?
Swissmem kämpft ja für die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Schweizer Industrie. Das tun wir immer wieder erfolgreich. Jüngste Beispiele betreffend Verbesserungen der Rahmenbedingungen sind die Aufhebung der Industriezölle und die Annahme des Freihandelsabkommens mit Indonesien. Zudem konnten wir dazu beitragen, dass die Schweiz im globalen Handelskonflikt neutral geblieben ist. Wir stellen uns aber auch gegen jegliche Verschlechterung der Rahmenbedingungen. So muss unter anderem die künftige Energiepolitik das Problem Stromversorgungssicherheit bei gleichzeitig international wettbewerbsfähigen Strompreisen in den Griff bekommen.
Hochlohnland Schweiz
Das Hochlohnland Schweiz: Wie sehr sind die Arbeitskosten ein Problem für die Firmen?
Damit kämpft die Industrie – und letztlich die gesamte Schweizer Exportwirtschaft – seit jeher. Dieser Nachteil muss mit kontinuierlicher Innovation kompensiert werden. Dass die Schweizer Industrie dies kann, beweist sie seit Jahrzehnten.
Und vielleicht kann auch die Digitalisierung da noch helfen. Oder was denken Sie: Profitiert der Schweizer Maschinenbauer davon oder wird die Digitalisierung eher anderen Maschinenbauern weltweit helfen, den Abstand zu verkleinern?
Die Digitalisierung ist eine Chance für die hoch entwickelte Schweizer Industrie. Wir müssen alles daransetzen, deren Potenziale voll zu nutzen. Nur so bleiben wir an der Weltspitze und können den Vorsprung zu ausländischen Maschinenbauern halten und ausbauen.
«Maschinenbau und Bildung»
Eine Abschlussfrage zum Thema «Maschinenbau und Bildung»: Was müsste sich ändern im Bildungswesen, um weiterhin guten Nachwuchs für den Bereich Maschinenbau zu bekommen?
Wichtig ist, dass auf Stufe Hochschulen die für die Maschinenindustrie relevanten Lehrstühle bestehen bleiben respektive gezielt ausgebaut werden. Aber es braucht nicht nur Ingenieure. Ausgebildete Berufsleute sind mindestens so wichtig, damit die Schweizer Industrie international wettbewerbsfähig bleibt. Deshalb ist Swissmem zusammen mit Swissmechanic Träger des Projektes FUTUREMEM, welches die Reform der acht technischen beruflichen Grundbildungen der MEM-Branche zum Ziel hat. Ab Lehrbeginn 2024 werden die Ausbildungen auf der Basis der überarbeiteten Bildungsgrundlagen starten.
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Autor: Eugen Albisser
Bildquelle: Swissmem (Einstiegsbild)
Redaktionelle Bearbeitung: Technik und Wissen
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