«Ein ERP macht selbst im 1-Mann-Betrieb Sinn»
Wer einen vollständigen Überblick über die eigene Wertschöpfungskette haben möchte, der ist auf ein ERP angewiesen. Aber was muss so ein ERP können? Ein Gespräch mit Martin Bühler, Managing Director beim ERP-Anbieter proAlpha Schweiz AG.
Ein Beitrag von Technik und Wissen
Autor: Eugen Albisser
Stürzen wir uns doch gleich rein in die wichtigste Frage: Warum soll ein Fertigungsbetrieb ein ERP anschaffen?
Wenn ein Unternehmen den Überblick über die ganze Wertschöpfungskette behalten will, ist ein ERP unabdingbar. Es gibt ja auch immer mehr Anforderungen, insbesondere von Kunden, nach Dokumentation bezüglich Qualität. Unter anderem natürlich aus der Medizintechnik, Automobilindustrie und weiteren Branchen.
Wenn ein ERP solch grosse Vorteile bietet, warum gibt es noch immer Fertigungsbetriebe, die darauf verzichten?
Es kann tatsächlich sein, dass ein kleiner Handwerkbetrieb ohne ERP arbeitet. Bekanntlich ist ja Excel das meistverbreitete ERP weltweit (lacht). Bis zu einer gewissen Grösse kann das funktionieren. Aber ich muss sagen, dass die Komplexität in der Abwicklung von Geschäftsprozessen heute sehr hoch ist und man diese mit manuellen Abläufen eigentlich längst nicht mehr effizient bewältigen kann.
Welches ERP soll es dann sein?
Ich frage dennoch nach: Welche Firmen können trotz all der Vorteile auf ein ERP verzichten und die Einführung würde keinen Sinn ergeben?
Die Einführung eines ERP macht in jedem Unternehmen Sinn, selbst im 1-Mann-Betrieb! Die Frage ist lediglich: Welches ERP soll es dann sein? Es gibt heute für jedes Unternehmen die passende Lösung.
Was muss man aber bei der Anschaffung eines ERP beachten?
Ein ERP sollte die wesentlichen Prozesse eines Unternehmens abdecken. Demnach sollte der Käufer aufzeigen, welche Prozesse er mit dem neuen ERP abdecken und welche Unternehmensstruktur er damit abbilden will. Ist zum Beispiel meine Auslandgesellschaft mit Vertrieb und Service auch zu integrieren? Muss ich meinem Automotiv-Kunden einen Datenaustausch per EDI ermöglichen? Kann ich mein Fertigungscenter in die Produktionsplanung einbeziehen? Das nur eine kleine Auswahl an Fragen, die man sich stellen kann.
USP schaffen mit Produkt-Konfigurator
ERP-Systeme werden ja meist modulartig eingeführt und man könnte also klein beginnen. Wie baut man da sinnvoll aufeinander auf?
Offen gesagt, trifft diese Aussage nicht mehr oft zu. Denn wir sehen, dass die meisten unserer Neukunden die ganze Prozesslandschaft in einem Ruck einführen wollen. Es gibt zwar durchaus «sinnvolle» Bereiche, welche in eine zweite Phase verschoben werden, da der Reifegrad aktuell noch nicht gegeben ist. Das treffen wir aber immer weniger an. Phasen kann es aber für Rollouts in Tochterunternehmen geben.
Können Sie ein Beispiel nennen eines Fertigungsbetriebs, welches ein ERP einführte und sich damit zum Positiven veränderte?
Grundsätzlich entwickeln sich alle Fertigungsunternehmen positiv, wenn sie proAlpha einführen (lacht). Mit Zahlen kann ich hier aus Gründen der Vertraulichkeit nicht wirklich agieren. Es ist so, dass Unternehmen, die ein ERP einführen und dann im Sinne eines KVPs ein kontinuierliches Fine-Tuning betreiben, sehr stark profitieren. Diese Verbesserung hat ja einen direkten Einfluss auf effiziente und schlanke Prozesse, hohe Transparenz für die Führung, kürzere Lieferzeiten durch eine optimierte Logistik und auch optimierte Herstellkosten.
Wir haben auch Kunden, welche sich durch den Einsatz des Produkt-Konfigurators echte USP am Markt geschaffen haben. Silent Gliss hat sich damit unter anderem eine Exklusivität bei einem der grössten Möbelhändler der Schweiz ergattert.
Bestehenden Maschinenpark in ein ERP einbinden
Apropos Produkt-Konfigurator: proAlpha hat auch am SIPBB ein ERP eingeführt. Dieses wird unter anderem dafür verwendet, eine vollautomatische Drohnenproduktion zu steuern. Können Sie diese Produktion aus ERP-Sicht kurz erklären?
Das Prinzip ist einfach: Die Drohne wird mittels unseres Konfigurators kundenspezifisch konfiguriert. Im Anschauungsbeispiel gehört dazu die Flügellänge und Farbe. Aus der Konfiguration wird automatisch ein Vertriebsauftrag generiert, mit Preis und Produktbeschreibung. Im Hintergrund wird ein Produktionsauftrag mit dynamischer Stückliste und Arbeitsplan angelegt. Mit diesen Daten wiederum wird die 3D-Printerfarm angesteuert und die Produktion der Flügel kann beginnen. So einfach geht Industrie 4.0!
Am SIBPP geht es auch um eine vernetzte Produktion, und das ERP ist der Backbone. Während am SIPBB die Anlage neu aufbaut wurde, besteht die Herausforderung bei Fertigungsbetrieben ja oft darin, dass ein bestehender Maschinenpark eingebunden werden muss. Mit welchen Herausforderungen muss man da rechnen?
Wir bieten heute Lösungen für die Anbindung von Maschinen mit unterschiedlichsten Technologien an. Klar, wenn eine Anlage noch keine SPS-Steuerung hat, wird es schwierig. Wobei es selbst für dieses Thema heute Lösungen auf dem Markt gibt. Wir bieten mit unseren Produkten von Tisoware und Böhme & Weihs zwei MES-Lösungen an, welche zu über 150 unterschiedlichen Steuerungen vorkonfigurierte Schnittstellen bieten. Es braucht auch einen klaren Anwendungsfall. Nicht jede Fertigungsanlage lässt sich sinnvoll mit dem ERP verknüpfen, weil einfach kein Mehrwert daraus entsteht. Aber ein wesentlicher Teil unserer Industriekunden kommen heute mit konkreten Projekten auf uns zu.
Wir haben zuvor darüber gesprochen, worauf man bei der Auswahl eines ERP achten muss. Wenn ich die Beispiele sehe, unter anderem am SIPBB, und dazu das schnelle Voranschreiten der Digitalisierung, dann muss man sich bei der Auswahl eines ERP sicher auch fragen: Wie komme ich an ein zukunftsgerichtetes ERP?
Das ist so, allerdings gibt es da gewisse Grenzen. Denn: Was ist schon zukunftssicher, insbesondere aus dem Blickwinkel von Technologie? Technologien entwickeln sich effektiv – zumindest vordergründig – sehr rasant. Wenn wir es etwas nüchtern betrachten, kommt oft alter Wein in neuen Schläuchen. Aber nicht nur! Das Internet hat auch die ERP-Welt massiv verändert und ganz neue Dimensionen eröffnet.
Woran denken Sie da?
Ich denke da an B2B-Plattformen, die mit einfachen Mitteln ermöglichen, Kunden und Lieferanten über Portale in die eigenen Prozesse zu integrieren. IoT wird zu einem immer grösseren Thema und die Anwendungsfälle werden real. proAlpha bietet seit 30 Jahren Kontinuität in Bezug auf die technologische Entwicklung. Da gehört sicher auch ein Quäntchen Glück dazu, aber vor allem gutes Engineering und zuverlässige Technologiepartner.
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